Liebe Parteifreunde, Sie wissen, ich halte nichts von Gejammer. Ich bemühe mich aber, die enormen demografischen Veränderungen unserer Gesellschaft in das Bewusstsein der Menschen zu rücken.
Deshalb lade ich immer wieder Experten wie die Präsidentin des Statistischen Landesamts Frau Dr. Gisela Meister-Scheufelen zu Vorträgen ein Unsere Gesellschaft wird immer älter, und es werden zu wenige Kinder geboren. Dies ist keine Entwicklung, die ad hoc zu ändern ist, es hilft nur langfristiges Gegensteuern. Nicht einmal die von Rot-grün vielbeschworene Einwanderung könnte eine Trendwende herbeiführen: „Deutschland ist das einzige Land auf der Welt, das glaubt, mit Einwanderung seine demografischen Probleme lösen zu können“, so Meister-Scheufelen. Es ist absurd zu glauben, andere könnten uns aus der Krise führen. Das Hauptproblem ist nicht, dass wir auf einen nicht mehr finanzierbare Gesellschaft zusteuern, an deren Ende der bankrotte Staat steht. Das Hauptproblem ist, dass viele Menschen in Deutschland den Ernst der Lage nicht wahrhaben wollen.
Es sind Prognosen und keine Horrorszenarien. Prognosen zeigen, wie es aussieht, wenn sich nichts grundlegend ändert. Es ist unabwendbar, dass mehr als die Hälfte der künftigen Alten keine Kinder haben wird, die ihren Lebensstandard sichern sollen. Denn ein Drittel der Frauen bekommt keine Kinder. Nur um die Bevölkerung im Gleichgewicht zu halten bräuchten wir rund zwei Kinder pro Frau; wir haben aber nur wenig mehr als die Hälfte – damit ist die demografische Katastrophe absehbar. Vier Beitragszahler finanzierten 1965 einen Rentner, heute sind es nur noch zwei, und 2050 wird sich der Altenquotient verdoppelt haben! In Frankreich tagt der nationale Rat, wenn die Geburtenrate auch nur leicht rückläufig ist, in Deutschland nehmen wir es hin und werden Bevölkerung in der Höhe ganz Niedersachsens verlieren. Dabei tickt – von vielen unbemerkt oder ignoriert – eine Zeitbombe bei der Altersversorgung der öffentlich Bediensteten. Waren 1970 noch 4,5 Milliarden Euro Pensionen zu zahlen, so waren es 2000 bereits 22 Milliarden Euro. Wenn die Dynamik anhält, zahlen wir 2030 über 77 Milliarden Euro an Pensionen für den öffentlichen Dienst. Wer soll das bezahlen? Derjenige, der schon dann bereits fast alleine für einen Rentner aufkommt? Wohl kaum. Denn bei den derzeitigen Modellen auf dem Gesundheitssektor wird die Allgemeinheit im selben Jahr 80 Prozent der gesundheitlichen Versorgung der Rentner finanzieren. Die Krankenkassenbeiträge würden zugleich auf 26 Prozent gestiegen sein. Dies alles ist kein Plädoyer für den Ausstieg aus der Verantwortung des Generationenvertrags. Dies alles soll nur denen die Augen öffnen, die glauben, mit Reförmchen und Nachbesserungen einen Berg zu versetzen.
Mit mehr Kindern allein ist uns nicht geholfen. Wir brauchen Innovationen, um wieder international konkurrenzfähiger zu werden, und Innovationen brauchen die Jugend. Wir sind nicht schlechter, aber die anderen sind besser geworden – und sie sind billiger. Unsere Arbeitskosten liegen bei 79 Cent pro Euro, 1966 waren es noch 43 Cent. Wenn dann unsere Konkurrenz im Ausland noch schneller und gleichwertig oder sogar besser produziert, sind wir erledigt. Dann braucht es mutige Reformen, die den Menschen wieder Kraft zur Arbeit geben, die es ihnen erlauben, wieder mit Freude ihren Job zu machen. Junge Paare brauchen finanzielle Luft, um Kinder zu bekommen und Familien benötigen Planungssicherheit.
Noch ein Wort zu den Staatsfinanzen. Wer meint, der Staat könne nicht bankrott gehen, der irrt. Wer Neuverschuldungen fordert, versündigt sich an denen, die sie abtragen müssen. 1,3 Billionen Euro Staatsverschuldung sind schon abzutragen, der Zinseszins droht so gewaltig zu werden, dass alle staatlichen Handlungsspielräume ersticken. Wenn wir nicht aufwachen und konsequent unsere Sozialsysteme erneuern, Innovationen anstoßen, den Nachwuchs fördern und maßvoll haushalten, dann werden unsere Kinder sagen, wir seien sehenden Auges in den Untergang geschlendert. Lassen wir es nicht dazu kommen! Seien wir mutig und versetzen wir Berge!