Kein Mensch ist vor schweren Schicksalsschlägen letztendlich gefeit. Jeder Mensch kann leichter oder schwerer erkranken, jeder Mensch kann von heute auf morgen von einer Behinderung getroffen sein, jeder Mensch unterliegt dem Risiko, seine Erwerbsarbeit zu verlieren und sich nicht mehr selbst ernähren zu können. Jeder Mensch muss damit rechnen, früher oder später einmal auf die Hilfe der Gemeinschaft angewiesen zu sein. Jeder Mensch sollte deshalb auch bereit sein zur Solidarität mit denen, die diese Hilfe jetzt brauchen.
Menschenwürdiges Leben und Zusammenleben ist in einer arbeitsteiligen, leistungsorientierten Industrie- und Wissensgesellschaft ohne sozialen Ausgleich nicht denkbar. Deshalb fordert christlich-demokratische Sozialpolitik die Leistung der Starken auch, damit den Schwachen geholfen werden kann. Eigenverantwortung für sich selbst und Mitverantwortung für andere sind zwei Seiten ein und derselben Medaille. Wir wollen die Gesundheitsversorgung in Baden-Württemberg auf dem erreichten hohen Niveau erhalten und ihre Qualität effizient und stetig verbessern. Jeder Patient, ob in der Stadt oder auf dem Land, soll auch künftig eine gleichwertige medizinische Grundversorgung in erreichbarer Nähe erhalten. Die Inanspruchnahme von notwendigen medizinischen Leistungen darf nicht zu einem finanziellen Risiko oder einer unzumutbaren finanziellen Belastung kranker Menschen werden. Budgetierungen, die zur Einschränkung notwendiger medizinischer Leistungen führen können, lehnen wir ab. Beitragszahler in den Krankenversicherungen sollen in Zukunft mehr Möglichkeiten zur Auswahl dessen haben, was sie absichern wollen und was nicht. Einfaches, Zumutbares können wir selbst leisten. Kostspieliges und Wichtiges muss weiterhin von der Solidargemeinschaft abgesichert werden. Bestrebungen des Bundes, den Ländern die Handlungsspielräume in der Krankenhausplanung einzuschränken oder ihnen sogar die Zuständigkeit dafür zu entziehen, lehnen wir mit Entschiedenheit ab. Wir wollen eine ausgewogene Versorgung mit Gesundheitsdienstleistungen auch im ländlichen Raum. Wir sehen ein modernes Gesundheitswesen nicht nur als Kostenverursacher. Das Gesundheitswesen hat großes wirtschaftliches Gewicht, es sichert viele Arbeitsplätze und ist ein Wachstumsmarkt mit Zukunft. Wir wollen, dass unser Land an diesem Wachstumsmarkt teilhat. Baden-Württemberg hat mit seinen Bäder- und Kureinrichtungen, seinen Schwerpunkten in der Medizintechnik und Pharmazeutik sowie seiner medizinischen Spitzenforschung alle Voraussetzungen, ganz vorne dabei zu sein. Wir wollen dazu neue Wege beschreiten und mit dem im Jahr 2000 gegründeten „Gesundheitsform Baden-Württemberg“ alle Akteure im Gesundheitswesen von der Gesundheitsindustrie bis zur Ärzteschaft, von den Krankenkassen bis zu allen Gesundheitsdienstleistern an einen Tisch bringen, um so dazu beizutragen, alle Entwicklungschancen dieses oft unterschätzten Wirtschaftsbereichs zu erschließen. Damit sich das Land national und international als innovativ-dynamischer Standort für Gesundheitswirtschaft präsentiert, wollenwir das vorhandene wirtschaftliche Potential bündeln und eine Plattform schaffen, um Innovation und Synergien zu fördern. Mit der Überwindung historisch bedingter Abgrenzungen zwischen den Branchen soll das Gesundheitsforum dazu beitragen, Baden-Württemberg als herausragenden Gesundheitsstandort in Deutschland und auch weltweit weiter voranzubringen, zukunftssichere Arbeitsplätze zu erhalten und neue zu schaffen sowie neue High-Tech-Produkte und Dienstleistungen zu fördern. Auch deshalb setzen wir in der neuen ”Zukunftsoffensive Junge Generation” einen besonderen Investitionsschwerpunkt in den Lebenswissenschaften. Behinderte gehören nicht an den Rand, sondern in die Mitte der Gesellschaft. Noch zu oft werden sie ausgegrenzt, ihre Begabungen und Fähigkeiten unterschätzt. Wir nehmen das Benachteiligungsverbot für Behinderte im Grundgesetz ernst und werden uns dafür einsetzen, dass es im Lebensalltag verwirklicht wird. Die Schaffung behindertengerechter Einrichtungen werden wir weiter unterstützen. Das Berufsbild der Altenpflegekräfte wird aufgewertet. Für die Altenpflegeausbildung werden die benötigten Mittel bereitgestellt. In der ambulanten Familienpflege, in der Nachbarschaftshilfe und im Hospizdienst wird in unserem Land Herausragendes geleistet. Die flächendeckende Familienpflege, die beispielsweise von Katholischen Sozialstationen getragen wird, soll einen Ausgleichsbetrag für die Grundsicherung bekommen. Der Hospizdienst soll gefördert werden. Auch im Hinblick auf den Fortbestand der Nachbarschaftshilfe haben wir auf Bundesebene die Wiedereinführung der 400-Euro-Jobs durchgesetzt. Die Sozialhilfe ist ein unentbehrlicher Bestandteil der sozialen Sicherung. Sie tritt dort ein, wo andere Formen der sozialen Sicherung Schicksalsfälle des Lebens nicht abdecken können. Aufgabe der Sozialhilfe ist es, dem Empfänger der Hilfe die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Durch die Pauschalierung von Leistungen der Sozialhilfe haben wir ein Instrument geschaffen, das es den Trägern der Sozialhilfe ermöglicht, mit einem weniger bürokratischen Verfahren die Bedürfnisse der Hilfsempfänger zu berücksichtigen. Für die CDU Baden-Württemberg gilt der Grundsatz: Wer die Hilfe der Gemeinschaft beansprucht, muss auch bereit sein, nach seinen Möglichkeiten der Gemeinschaft dafür etwas zurückzugeben. Deshalb unterstützen wir die Kommunen dabei, Bezieher von Sozialhilfe zu gemeinnützigen Arbeiten heranzuziehen, sofern diese gesundheitlich und von ihren Lebensumständen her dazu in der Lage sind. Vorrangiges Ziel muss es dabei sein, die betroffenen Menschen wieder in reguläre Arbeitsverhältnisse zu vermitteln bzw. die Chancen hierfür zu verbessern. Das in Baden-Württemberg erstmalig erprobte Modell des Einstiegsgelds für langzeitarbeitslose Sozialhilfeempfänger hat positive Ergebnisse gebracht. Wir werden es fortführen und mit der flächendeckenden Einführung in Zusammenarbeit mit den Sozialhilfeträgern beginnen. Die beiden steuerfinanzierten Systeme der Sozial- und Arbeitslosenhilfe sollen bei den Kommunen zu einem Leistungssystem zusammengeführt werden. Der Bund muss allerdings den Kommunen die Aufwendung für die bisherigen Arbeitslosenhilfe erstatten. Die Arbeitsmarktsituation in Baden-Württemberg ist sehr gut; wir haben nahezu Vollbeschäftigung. Dennoch verkennt die CDU Baden-Württemberg nicht, dass es auch bei uns benachteiligte Gruppen gibt, die auf dem Arbeitsmarkt Probleme haben und der Hilfe bedürfen. Deshalb werden wir das Programm ”Jugend-Arbeit-Zukunft” und das Langzeitarbeitslosenprogramm des Landes fortführen. Wir werden den Missbrauch von Sozialleistungen weiterhin bekämpfen, denn jeder Euro, der dort ankommt, wo sie gar nicht gebraucht wird, fehlt anderen Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind, oder für andere wichtige Aufgaben. (Auszug aus: „Erfolgskurs Süd. Regierungsprogramm 2001-2006“. Beschlossen vom 42. Landesparteitag am 27. Januar 2001 in Mannheim)