Europa

Baden-Württemberg ist europäische Kernregion. Als Nachbarland Frankreichs und der Schweiz und als Partner vieler europäischer Regionen pflegen wir unsere Kontakte in ganz Europa. Das Entscheidende dabei sind die menschlichen Begegnungen – sie haben es möglich gemacht, begleitet von einer weitsichtigen proeuropäischen Politik seit Konrad Adenauer, dass zwischen den demokratischen Staaten Europas dauerhaft Frieden herrscht. Auch wirtschaftlich hat uns die Europäische Union viele Vorteile gebracht und zu unserem Wohlstand entscheidend beigetragen. Deshalb bekennt sich die CDU Baden-Württemberg zur europäischen Einigung. Wir wollen sie fortsetzen.

Die Fähigkeit des Landes Baden-Württemberg zur breiten Beobachtung und zur rechtzeitigen und gezielten Einflussnahme auf europäische Angelegenheiten ist von entscheidender Bedeutung für die Zukunft unseres Landes. Ein guter Teil der bundesdeutschen Gesetzgebung und der Gesetzgebung des Landes wird inzwischen von der Europäischen Union geprägt. Wir wollen deshalb als Bundesland die europäischen Angelegenheiten gleichberechtigt neben denen des Bundes behandeln. Daher werden wir vorhandene Strukturen bündeln, bestehende Entscheidungsprozeduren straffen um weitere personelle und sachliche Ressourcen zu bilden. In einem integrativen Ansatz wird so die Europafähigkeit des Landes gezielt ausgebaut. In einer über die Landesverwaltung hinausgehenden, breit angelegten Initiative, die alle gesellschaftlichen Handlungsbereiche umfaßt, stellen wir uns aktiv den europäischen Herausforderungen. Wir befürworten die Osterweiterung der Europäischen Union und den Beitritt weiterer Mitgliedsländer in den kommenden Jahren, wenn diese die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen dafür erfüllen. Für uns ist dies die geschichtliche Chance, all das, was wir in der Partnerschaft mit den europäischen Ländern im Westen, Norden und Süden erreicht haben, auch gemeinsam mit Osteuropa zu erreichen: Frieden, Versöhnung, gute Zusammenarbeit, Stabilität, wirtschaftliche Entwicklung im gegenseitigen Interesse und vor allem vielfältige Kontakte zwischen den Menschen. Wir nehmen aber auch die Sorgen ernst, die viele mit Blick auf die Osterweiterung haben; der EU-Beitritt mittel- und osteuropäischer Staaten muss durch lange Übergangsfristen für die Freizügigkeit sozialverträglich gestaltet werden. Wir wollen einen Europäischen Verfassungsvertrag, der für die Europäische Union die Grundrechte aller Bürger festschreibt und die Zuständigkeiten von EU, Nationalstaaten und Ländern klar regelt und sauber voneinander abgrenzt. Europa muss von den Menschen verstanden, die Entscheidungen auf europäischer Ebene müssen nachvollzogen werden können. Wir wollen Einheit, wo nötig, und Vielfalt wo immer möglich. Für uns gilt: Entscheidungen, die im Land oder im Bund sachgerecht getroffen werden können, dürfen nicht auf die europäische Ebene gezogen werden. Die demokratischen Institutionen und Entscheidungsabläufe müssen so nahe wie möglich bei den Menschen sein. Auch deshalb engagiert sich Baden-Württemberg in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und schließt sich mit anderen europäischen Regionen zusammen: Im Oberrheinrat, am Bodensee, im Ausschuss der Regionen und gemeinsam mit der Lombardei, Katalonien und der Region Rhone-Alpes im Rahmen der ”Vier Motoren für Europa”. Dieses Engagement werden wir fortsetzen und in der Europäischen Union dafür eintreten, die Bedeutung der europäischen Regionen und damit des Föderalismus zu stärken sowie die Spielräume zur Verwirklichung grenzüberschreitender Projekte zu erweitern. Europas Einigung ist für uns nicht nur eine Frage der Vernunft und des gegenseitigen wirtschaftlichen Vorteils, sondern auch eine Herzensangelegenheit. Wir wollen das europäische Haus gemeinsam mit den Menschen weiterbauen.

(Auszug aus: „Erfolgskurs Süd. Regierungsprogramm 2001-2006“. Beschlossen vom 42. Landesparteitag am 27. Januar 2001 in Mannheim)

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