Podiumsdiskussion des Gesamtelternbeirats Heidelberg / Rot-Grün will die Einheitsschule aus ideologischen Gründen umsetzen und plant Steuererhöhungen
Heidelberg. Eines machte die gestrige Podiumsdiskussion des Gesamtelternbeirats (GEB) Heidelberg besonders deutlich: Sowohl Grüne als auch SPD beabsichtigen nach einem Wahlsieg bei der baden-württembergischen Landtagswahl am 27. März 2011, eines der erwiesenermaßen erfolgreichsten Bildungssysteme Deutschlands abzuschaffen und aus rein ideologischen Gründen nach dem Motto „Für alle das Gleiche“ die Einheitsschule einführen. Die Bildungslandschaft im Ländle würde sich auf dramatische Weise verändern. Dr. Nicole Marmé, die als Zweitkandidatin den Heidelberger Landtagsabgeordneten Werner Pfisterer vertrat, fand hierzu klare Worte: „Nein zur Gleichmacherei in der Bildung! Wir wollen keinen Einheitsbrei in der Schule!“
Marmé weiß, wovon sie spricht: Die promovierte Diplom-Chemikerin arbeitet als Gymnasiallehrerin für die Fächer Chemie, Physik sowie Naturwissenschaft und Technik, ferner nimmt sie die Aufgaben einer Vertretungsprofessur für Didaktik der Chemie an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg wahr. Als „Frau aus der Praxis“ berichtete sie im Rahmen der Veranstaltung über ihre eigenen Erfahrungen, über die Ausbildung von Studenten sowie über neue Bildungskonzepte und Ideen. Zu Beginn ihrer Ausführungen machte Pfisterers Zweitkandidatin beispielhaft deutlich, welch hohen Stellenwert die Bildung in Baden-Württemberg genießt:
• 41% des Landeshaushalts gehen in den Bildungsbereich (8,9 Mrd. Euro; Zuwachs 68% in 10 Jahren).
• im laufenden Schuljahr: 1.800 neue Lehrerstellen (5.500 Lehrerstellen insgesamt), 400 pädagogische Assistenten (zur Stärkung der Hauptschulen).
• Baden-Württemberg gibt von allen Flächenländern am meisten für Bildung aus.
Marmé sprach sich nachdrücklich für den Erhalt des 3-gliedrigen Schulsystems aus: „Dieses System hat sich bewährt. Nach allen Studien sind wir zu Recht Bildungsland Nr.1. Natürlich kann noch einiges verbessert werden, keine Frage, daran wird auch gearbeitet. Die nachprüfbaren Fakten sprechen aber eindeutig für uns. Wir stehen für Schulen, die jedes Kind bestmöglich fördern und dabei auf alle Begabungen und Bedürfnisse eingehen. Wir stehen für ein Bildungssystem der vielen Wege, der individuellen Bildungswege. Nicht einen Weg für alle, sondern den jeweils passgenauen richtigen Weg. Baden-Württemberg hat europaweit die geringste Jugendarbeitslosigkeit. Unser Bildungssystem kann daher wohl nicht ganz so schlecht sein, wie es die politischen Mitbewerber immer behaupten.“
Im weiteren Verlauf der Diskussion wurden viele weitere Aspekte der Bildungspolitik beleuchtet, auch ging es im Bereich der Hochschulen um die Studiengebühren. Der Kandidat der Linkspartei forderte die Abschaffung der Studiengebühren und plädierte zur Gegenfinanzierung für die Einführung einer Vermögenssteuer, musste sich aber kurz darauf von der grünen Landtagskandidatin belehren lassen, dass dies nicht das Land, sondern nur der Bund umsetzen könne. Grüne und SPD wollen ebenfalls die Gebühren für ein Studium streichen. Ihr Gegenfinanzierungsvorschlag: Steuererhöhungen. Die Grunderwerbssteuer soll laut der grünen Landtagskandidatin um einen Prozentpunkt auf 4,5 Prozent angehoben werden; außerdem sollen laut Ankündigung der SPD-Landtagskandidatin mehr Steuerprüfer eingestellt werden, um „Steuergerechtigkeit herzustellen.“ (Zitat)
Nach knapp zweieinhalb Stunden war die Podiumsdiskussion vorbei. Diskussionsleiter Prof. Michael Bantel, ehemaliger GEB-Vorsitzender, forderte abschließend dazu auf, am 27. März 2011 zur Wahl zu gehen. (mb)
Kommentar: Zuhören kann nicht schaden!
Die Podiumsdiskussion des GEB Heidelberg war interessant. Der jeweilige Applaus machte sofort deutlich, wer die meisten seiner Anhänger am gestrigen Abend mobilisiert hatte. Besonders bemerkenswert war es, als die CDU-Zweitkandidatin Dr. Nicole Marmé aus offiziellen Ergebnissen einer PISA-Studie zitierte, der Großteil des Saals dies aber gar nicht hören wollte, weil es eben nun gar nicht ins eigene politische Konzept passt. Auf ihr Angebot „Ich kann Ihnen nachher gerne eine Kopie der Studie aushändigen“ kam niemand zurück. Überraschte nicht wirklich.
Ist es übrigens nur dem Autor dieser Zeilen aufgefallen, dass sich die rot-grünen Landtagskandidatinnen bei ihren Stellungnahmen zur Einheitsschule selbst widersprachen? Klar wurde: Sollte Rot/Grün tatsächlich die Landtagswahl in Baden-Württemberg gewinnen, dann wird es ein Riesenchaos im Bildungsbereich geben. Auf die Frage eines Besuchers, wie denn die Einführung der Einheitsschule vonstattengehen solle, gab es letztlich keine konkreten Antworten. Zwar lange Ausführungen – aber nichts gesagt. Und dafür dann zustimmenden Applaus …
Dass Baden-Württemberg von allen Bundesländern am meisten in die Bereiche Bildung / Wissenschaft / Forschung investiert – man hatte den Eindruck: Das interessiert nicht. Das ist doch selbstverständlich, oder? Nein, ist es nicht! Einfach mal einen Blick in die anderen Bundesländer werfen.
Dr. Nicole Marmé, die sehr kurzfristig für Werner Pfisterer MdL eingesprungen war, ließ sich dadurch aber nicht beirren. Stets sachlich und freundlich vertrat sie ihre Standpunkte und berichtete aus ihrer beruflichen Praxis. Wer ihr zugehört hat, der konnte etwas lernen. Und ums Lernen geht es ja eigentlich beim Thema Bildung. (Matthias Busse)