Tätigkeit des Petitionsausschusses bleibt unverzichtbarer Bestandteil unserer Demokratie
Mit rund 1.250 Eingaben pro Jahr ist die Zahl der Bitten und Beschwerden, mit denen sich Bürgerinnen und Bürger an den Petitionsausschuss des Landtags wenden, relativ konstant geblieben.
Dies geht aus dem Mündlichen Bericht hervor, den der Vorsitzende dieses Gremiums, der CDU-Abgeordnete Jörg Döpper, am Mittwoch, 18. Februar 2009, im Plenum zur Arbeit des Petitionsausschusses erstattet hat. Insgesamt wurden seit Beginn der 14. Wahlperiode im Juni 2006 rund 3.600 Eingaben gezählt. Die Quote der Petitionen, bei denen geholfen oder weitergeholfen werden konnte, hat sich gegenüber der vergangenen Wahlperiode von 18 auf 21 Prozent erhöht. Die Tätigkeit des Petitionsausschusses und seine Mittlerrolle zwischen Bürger und Behörde bezeichnete Döpper als „nach wie vor unverzichtbaren Bestandteil unserer Demokratie“.
Etwas verschoben haben sich in jüngster Zeit nach Auskunft Döppers die Schwerpunkte der Eingaben. Bei ausländerrechtlichen Petitionen – sie hätten bislang die Spitzenposition belegt – sei ein Rückgang von jährlich über 200 auf unter 100 Eingaben pro Jahr festzustellen. „Dies ist darauf zurückzuführen, dass viele Bürgerkriegsflüchtlinge in ihre Heimat zurückgekehrt sind. Asylbewerber haben Bleiberechte bekommen, und die Härtefallkommission trägt zur Klärung von vielen Fällen bei“, erklärte Döpper. An erster Stelle in der Statistik rangierten inzwischen Bausachen.
Lag die Zahl der Petitionen zum Thema Windkraft in der vergangenen Legislaturperiode noch bei 54, so wurden laut Döpper im 14. Landtag bislang lediglich fünf solche Eingaben behandelt. Die Entscheidungen, ob Windkraftanlagen gebaut oder nicht gebaut werden können, seien 50:50, „also gut ausgewogen“ ausgegangen. In einem landschaftlich reizvollen und schönen Land wie Baden-Württemberg gebe es naturgemäß sensible Bereiche, die keine gigantischen Windkraftanlagen vertrügen. Dazu gehörten auf jeden Fall weite Bereiche des Schwarzwaldes und der Schwäbischen Alb. „Da kann ich viele meiner Kolleginnen und Kollegen nicht verstehen, die zu den bedingungslosen Befürwortern von Windkraftanlagen gehören. Die einfachsten Grundsätze des Natur-, Landschafts- und Artenschutzes werden über Bord geworfen. Die Abholzung von ganzen Wäldern und das Verschreddern von Vögeln und Fledermäusen werden in Kauf genommen. Die ganze Artenvielfalt vom Winde verweht und die Landschaft verschandelt“, sagte der Ausschussvorsitzende. Deswegen sei er froh, dass die Ausweisung von weiteren Vorrang- und Ausschlussgebieten sehr verantwortlich erfolge. Es gebe ja auch Stellen in Baden-Württemberg, die sich als Standorte für Windkraftanlagen eigneten. Döpper sprach sich dafür aus, alle Standorte in Baden-Württemberg zu überprüfen, ob nicht eine zweite, dritte oder mehrere Windkraftanlagen sinnvoller wären, als laufend neue Standorte zu suchen und die Menschen und die Landschaft zu belasten.
Wie Döpper weiter ausführte, ist bei Eingaben zu unterscheiden zwischen Petitionen, die Beschwerden über das Verwaltungshandeln beinhalten, und Petitionen, die Nichtgefallen politischer Entscheidungen zum Gegenstand haben. „Aus meiner Sicht entwickelt sich ein negativer Trend“, betonte der Ausschussvorsitzende. Demokratische Entscheidungen aller politischen Gremien würden vielfach nicht hingenommen. „Es wird immer schwieriger in unserer Gesellschaft, im Interesse des Gemeinwohls etwas zeitnah durchzusetzen.“ Nicht nur wenn irgendwo eine neue Umgehungsstraße gebaut, ein Verbrauchermarkt angesiedelt, ein Mobilfunkmast erstellt oder ein Gewerbebetrieb erweitert werden solle, rege sich bei den Anwohnern Widerstand. Beschlossene Krankenhausstandorte würden in Frage gestellt. Schon bei Pflegeheimen in der Nähe von Wohngebieten gebe es Schwierigkeiten. Döpper: „Ganz schlimm finde ich, wenn Bürgerinitiativen oder einzelne Bürger gegen Kinderspielplätze und Kindergärten vorgehen – selbst dann, wenn der Bebauungsplan die Rechtmäßigkeit bestätigt. Hier sollten die Einspruchsmöglichkeiten soweit wie möglich begrenzt werden.“
Döpper bezeichnete es als weitere bedenkliche Entwicklung, dass das Petitionsrecht zuweilen benutzt werde, um bestimmte Planungen zu verzögern, zu behindern oder zu verhindern. Die Petenten wollten in diesem Fall das sogenannte „Stillhalteabkommen“ ausnützen. Das Stillhalteabkommen bedeute, dass Maßnahmen, gegen die sich die Petition richte, während eines Petitionsverfahrens von der Verwaltung nicht vollzogen werden, bis über die Petition entschieden sei. Grundsätzlich habe sich diese seit Jahrzehnten bestehende Praxis sehr bewährt und stelle eine wesentliche Säule des Petitionswesens in Baden-Württemberg dar, an der festgehalten werden müsse. Wie Döpper ergänzte, hat sich bei der Eingabeform eine Verlagerung ergeben weg vom postalisch übermittelten Brief hin zur Petition per E-Mail. Diese schnelle und kostengünstige Kommunikation habe aber nicht nur Vorteile, denn nicht selten werde sie von den Bürgern auch dazu missbraucht, in teils unsachlicher Weise Kritik und Unmut los zu werden.
„Die Tätigkeit des Petitionsausschusses und seine Mittlerrolle zwischen Bürger und Behörde sind und bleiben nach wie ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Demokratie“, meinte Döpper. Petitionen gäben dem Parlament Auskunft darüber, wo Mängel und Schwierigkeiten im Gesetzesvollzug lägen und wie Verwaltungen ihr eingeräumtes Ermessen ausübten, ob sie sich bürgerfreundlich verhielten.
„Der Petitionsausschuss versteht sich nicht nur als parlamentarisches Kontrollorgan gegenüber der Regierung, sondern auch als Mittler zwischen Bürger und Staat“, betonte Döpper. Für den Bürger stelle die Petition ein wirksames Mittel dar, außerhalb förmlicher Verwaltungs- und Rechtsmittelverfahren die Nachprüfung eines Anliegens zu erreichen. Dabei gelinge es nicht nur dann, Rechtsfrieden zwischen den streitenden Parteien herzustellen, wenn die Eingabe für den Petenten ganz oder teilweise erfolgreich sei. Vielmehr entstehe auch in Fällen, in denen sich eine Petition als unbegründet erweise und der Behörde korrektes Verhalten bescheinigt werde, beim Bürger oftmals neues Vertrauen in die Richtigkeit behördlichen Handelns. Häufig bewirke schon eine Nachfrage oder Bitte um Stellungnahme im Rahmen eines eingeleiteten Petitionsverfahrens, dass ein Vorgang bei einer Behörde nochmals einer besonders kritischen Prüfung unterzogen und nach einer Lösung für den Petenten gesucht werde. „Zahlreiche Petitionen haben schon während eines Petitionsverfahrens Erfolg, weil die Regierung aufgrund der vom Petitionsausschuss veranlassten Überprüfung von sich aus Abhilfe schafft“, so Döpper. In diesen Fällen könne die Petition zurückgenommen werden.
Quelle: Landtagspressestelle / CDU-Landtagsfraktion BW