Der Deutsche Bundestag hat am Dienstag die CDU-Vorsitzende Angela Merkel zur ersten Bundeskanzlerin in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland gewählt. Die 51-jährige Politikerin war als einzige Kandidatin von Bundespräsident Horst Köhler für das wichtigste Staatsamt vorgeschlagen worden. Erwartungsgemäß erreichte die CDU-Vorsitzende schon im ersten Wahlgang die erforderliche Kanzlermehrheit. Anschließend erhielt sie von Bundespräsident Horst Köhler ihre Ernennungsurkunde.
Zuvor hatte Bundestagspräsident Norbert Lammert das Wahlergebnis mitgeteilt. Danach votierten für die CDU-Politikerin 397 Parlamentarier, mit Nein stimmten 202, 12 Volksvertreter enthielten sich und eine Stimme war ungültig. „Nach Konrad Adenauer, Ludwig Erhard, Kurt Georg Kiesinger, Willy Brandt, Helmut Schmidt, Helmut Kohl und Gerhard Schröder ist damit die Abgeordnete Dr. Angela Merkel mit der erforderlichen Mehrheit der Stimmen der Mitglieder des Deutschen Bundestages zur ersten Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland gewählt worden“, unterstrich Lammert. Das sei ein „starkes Signal für viele Frauen, für manche Männer sicherlich auch“. Merkel, die von Bundeskanzler Gerhard Schröder die ersten Glückwünsche erhielt, sagte sichtlich gerührt: „Herr Präsident, ich nehmen die Wahl an“.
Am Mittag überreichte Bundespräsident Köhler der Kanzlerin im Berliner Schloss Charlottenburg ihre Ernennungsurkunde: „Im Namen der Bundesrepublik Deutschland ernenne ich auf Grund des Artikels 63 Absatz 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland Frau Dr. Angela Merkel zur Bundeskanzlerin“. Anschließend wünschte er der neuen Regierungschefin „viel Glück, viel Kraft und Gottes Segen“.
Daraufhin begab sich die Kanzlerin wieder zurück in den Deutschen Bundestag. Sie leistete dort ihren Amtseid mit dem religiösen Zusatz: „So wahr mir Gott helfe“. Am Nachmittag fuhr sie mit ihrem Kabinett erneut zum Bundespräsidenten, der den neuen Bundesministern die Ernennungsurkunden aushändigte. Ihre Vereidigung fand kurz darauf im Bundestag statt. Dem neuen Kabinett gehören mit Merkel acht Unions-Politiker sowie acht Sozialdemokraten an.
Köhler: „Die Vertreter beider Volksparteien wissen um ihre patriotische Verantwortung“
Vor der Aushändigung der Ernennungsurkunden rief Bundespräsident Horst Köhler die neue Bundesregierung zu einer nachhaltigen Reformpolitik auf. Dabei gehe es darum, „den Sozialstaat auf die veränderte Arbeitswelt und die älter werdende Gesellschaft einzustellen“, sagte Köhler im Schloss Charlottenburg. Dieser Kurs werde gelingen, wenn „wir auf die Kraft der Freiheit und des Zusammenhalts setzen“. Ausdrücklich forderte der Bundespräsident das Kabinett Merkel auf, „die Probleme grundlegend“ anzupacken und Lösungen zu entwerfen, die über eine Legislaturperiode hinausreichten.