Liebe Parteifreunde, auf dem Papier ist die CDU Heidelberg der angeschlagene Sieger der Kommunalwahl, denn wir stellen weiterhin die Mehrheit. In Wahrheit hat die GAL die Wahl für sich entschieden, indem sie zulegte und wir drei Sitze verloren.
Doch auch bei der Europawahl konnten die Grünen große Zuwächse verzeichnen. Was sind die Gründe für das bundesweite Erstarken einer Partei, die als Koalitionspartner der SPD in Berlin unser Land ins Abseits führt?
Zum einen scheint es sich für einige bei den Grünen um eine Partei zu handeln, „die man immer wählen kann“, selbst wenn man der Meinung ist, eigentlich niemanden mehr wählen zu können. Grün zu wählen verleiht den Anschein moralischer Überlegenheit bei denen, die sich mit ihrem Programm nicht ernsthaft auseinandersetzen. Leider zeigt die Erfahrung, dass Wahlprogrammen bei den Wählern nicht die Beachtung zukommt, die ihnen eigentlich gebührt. Mit den Grünen verbinden viele Umweltschutz und Frauenpolitik, weniger Regierungschaos und utopische Energie- und Wirtschaftspolitik. Kaum jemand scheint wissen zu wollen, dass der Energiebedarf unseres Landes so groß ist, dass er allein mit Windkrafträdern, Solarenergie und Wasserkraft nicht zu decken ist. Neueste Studien sprechen zudem von einem Trend zu einem romantisierenden und unrealistischen Verhältnis zur Natur: Für jedes neunte Kind sind Enten gelb!
Zum anderen hat die niedrige Wahlbeteiligung gezeigt, dass viele Bürger unzufrieden sind mit allen etablierten Parteien; bei den Unzufriedenen, die dennoch zur Wahl gehen, steht meist Grün auf dem Wahlzettel. Die Grünen verkaufen ein gewisses Maß an (utopischer) Sicherheit in einer Welt großer Umwälzungsprozesse. Wir haben ein deutliches Stadt-Land-Gefälle, unsere Bindungskräfte gerade in größeren Städten sind schwächer geworden. Dabei stoßen wir auf eine Bevölkerung, die aus immer mehr Singles und immer weniger Familien besteht, und die gerade in Heidelberg eine enorm hohe Fluktuation aufweist: Jedes Jahr ziehen Tausende um, hinzu oder weg; jede neue Legislaturperiode konfrontiert uns mit Tausenden, die noch nicht lange oder inzwischen woanders in Heidelberg leben. Offenbar gelingt es den Grünen bisher besser als anderen, Integrationskraft zu erzeugen. Unser schlechtes Abschneiden liegt im Trend: Hochschulstandorte im ganzen Land haben sich zu Hochburgen der Grünen entwickelt, die auch von Akademikern wie bei uns in verstärkt gewählt werden. Der Wähler ist nicht mehr nur der „Öko“, er ist nicht nur der Student aus Neuenheim: Der Wähler ist auch der gutsituierte Akademiker mit Eigentumswohnung in Bergheim, der Weststadt oder anderswo.
Mit der Umweltpolitik werden wir nicht identifiziert, obwohl wir hier Konzepte haben. Auch Frauenpolitik ist ein Thema, das viele eher den Grünen zuschreiben oder von dem viele glauben, wir würden nicht ernst meinen, was wir auf dem Gebiet an Wegweisendem verabschiedet haben. Unser Heil kann jedoch nicht in einer Anbiederung an den Zeitgeist oder einer Charmeoffensive liegen. Es geht um eine ehrliche Darstellung der Wirklichkeit und einer Darlegung dessen, was wir als Alternativen anbieten – dazu gehören unsere umweltpolitischen Konzepte. Landesweit müssen wir den Menschen begreiflich machen, dass die Grünen mit der SPD in einem sinkenden Boot sitzen, dass sie selber Leck geschlagen haben. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich diese Teflon-Partei, an der keine Regierungspanne haften bleibt, aus der Verantwortung stiehlt und so tut, als steuerten nur die Roten das Schiff in den Untergang.
Lassen Sie mich noch ein Wort des Dankes an unsere Wählerinnen und Wähler richten und auch an diejenigen, die überhaupt wählen gegangen sind, auch wenn sie nicht uns ihre Stimme gegeben haben. Besonderer Dank gebührt dem großartigen Einsatz unserer 40 Kandidatinnen und Kandidaten, die für unsere Sache unverzichtbar sind und bleiben. Auch wenn es für viele nicht zum Einzug in den Gemeinderat gereicht hat – sie haben bravourös gekämpft! Unserem Kreisverbandsvorsitzenden Eyke Peveling danke ich für seine umsichtige Führung in den vergangenen schwierigen Wochen; er bewies Fähigkeiten eines erstklassigen Moderators, der vermittelnd die Partei im Gleichgewicht hielt. Wahlkampfleiter Alexander Föhr und seinem Team gilt ein großes Lob für die engagierte Arbeit, die neue Werbelinie erwies sich insgesamt als ansprechend und erfolgreich. Mein Dank geht schließlich auch an die vielen nie genannten Helfer, die Plakate aufhingen und sich um sie kümmerten, die an den Info-Ständen standen, die Mundpropaganda betrieben und logistische Unterstützung leisteten. Ohne sie alle wären wir nicht als immer noch stärkste Partei aus der Wahl hervorgegangen.
Wir sind noch da, wir sind nicht angezählt, und daher können wir die Grünen angreifen, unsere Themen finden und besetzen und ein zukunftsfähiges Profil für unsere CDU herausarbeiten, damit wir die nächsten Jahre noch mehr Menschen überzeugen können, dass wir eine Partei für alle Menschen sind.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr Werner Pfisterer Landtagsabgeordneter und 1. Stellv. Vorsitzender der CDU-Gemeinderatsfraktion