Als „Erlösung“ bezeichnete der Heidelberger CDU-Landtagssabgeordnete und Stadtrat Werner Pfisterer die Erkenntnis der Oberbürgermeisterin Beate Weber, künftig Fakten in den Mittelpunkt der politischen Auseinandersetzung stellen zu wollen:
„Ich werde mich gerne mit Frau Weber über Tatsachen unterhalten, wenn wir über dieselben unstreitigen Sachverhalte sprechen.“ Pfisterer reagierte damit auf einen Brief der Oberbürgermeisterin vom Dienstag. „Als ersten Schritt in diese Richtung wünsche ich mir von einer souveränen OB einen gründlichen Blick in die Protokolle der Ausschuss- und Gemeinderatssitzungen, bevor sie Briefe unterschreibt. Pfisterer hat in den Zeilen der OB eine Reihe von Ungereimtheiten entdeckt: „Da werden Sätze entstellt und neue Zahlen vorgelegt, bis einem ganz schwindelig wird.“
Das beginne schon bei der Behauptung, Pfisterer sei alleiniger Gegner der geplanten Straßenbahntrasse durch die Schwetzinger Straße in Kirchheim. „Tatsächlich haben die CDU-Fraktion, Die Heidelberger und die Freie Wählervereinigung im September 2000 eine ganz klare Position bezogen. Die Fraktionen beantragten eine „Weisung an die HSB, den gestellten Zuschussantrag und das eingeleitete Planfeststellungsverfahren nicht weiterzubetreiben“. In der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses und der späteren Gemeinderatssitzung im November 2000 machte die CDU-Fraktion deutlich, dass sie eine Straßenbahn durch die Schwetzinger Straße keinesfalls mittragen wird. Sie verzichtete aber auf eine Weisung an die HSB, um mögliche GVFG-Fördermittel für eine andere Trasse nach Kirchheim nicht zu gefährden.
Oberbürgermeisterin Beate Weber wertet das hingegen als Zustimmung, die Planfeststellung fortzuführen „soweit es notwendig und unumgänglich ist“. Für Pfisterer ist das ein klarer Widerspruch zum Verlauf der Gemeinderatssitzung. Aus dem Protokoll der Sitzung geht hervor, dass sie den Nachsatz „um die Förderfähigkeit der Maßnahme bis zur Entscheidung zu erhalten“, ausgelassen hat. „Genau dieses Ziel ist aber wesentlich für unsere Aussage“, kritisiert Pfisterer die Rathaus-Chefin: „Das Ziel war nämlich ausschließlich die Sicherung der Fördermittel. Die unumgängliche Planung war Mittel zum Zweck – nicht umgekehrt! Eine derartige Unterschlagung darf ich wohl mit Recht als „Trick“ bezeichnen.“
Auch die Welt der Zahlen ist nach Ansicht Pfisterers „vor ideologischen Neuordnungen nicht sicher.“ In ihrem Schreiben gibt die OB an, eine Straßenbahn sei „insgesamt wirtschaftlicher als ein Busbetrieb“ und verweist dabei auf Wirtschaftspläne der HSB. Diesen ebenso rasanten wie tiefgreifenden Wandel binnen Jahresfrist kann sich der Heidelberger CDU-Stadtrat „beim besten Willen nicht erklären.“
In Unterlagen der HSB vom Mai 2000 waren die Kosten pro Personenkilometer für jede Bus- und Straßenbahnlinie detailliert aufgelistet. Selbst die am besten ausgelastete Straßenbahnlinie 3 kostete damals mit 48 Pfennigen pro Personenkilometer deutlich mehr als die Buslinie 41 nach Kirchheim, die ganze 33 Pfennige beanspruchte. Die teuersten Busverbindungen waren die Zubringer- und Erschließungslinien. Sie schlugen mit bis zu 5,25 Mark pro Personenkilometer zu Buche. „Das sind Fakten aus der HSB, deren Aufsichtsratsvorsitzende die Oberbürgermeisterin selbst ist. Nun das Gegegenteil zu behaupten, widerspricht der eigenen Erkenntnis, argumentiert der stellvertretende Vorsitzende seiner Fraktion.“
Für Pfisterer gibt es zwei mögliche Motive für einen derartigen „Stimmungswandel“: „Im günstigsten Fall werden die Zahlen nach politischem Gusto verändert. Ungünstiger wäre die Annahme, die beteiligten Personen seien nicht in der Lage, korrekte Werte zu ermitteln. Das ließe für die Zukunft der HSB das Schlimmste befürchten.“
Für Pfisterer ist klar: „Wenn sich Frau Weber künftig wieder an den Tatsachen orientieren will, dann können wir uns auch wieder „sachlich auseinandersetzen.“ Die Menschen in der Stadt würden das sicher begrüßen, egal ob Rot oder Schwarz!“