Polizei soll nach Willen von Pfisterer und Sieber mehr Platz erhalten
Heidelberg – Äußerlich vermittelt es einen großzügigen Eindruck, im Inneren herrscht jedoch drangvolle Enge: Das Gebäude in der Römerstraße 2-4, in dem die Polizeidirektion Heidelberg und das Revier Mitte untergebracht sind, platzt mittlerweile aus allen Nähten.
Darauf machten der Leitende Polizeidirektor und Leiter der Polizeidirektion Heidelberg, Bernd Schmalz, der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft im Beamtenbund (DPolG), Dieter Berberich, und der Heidelberger Kreisvorsitzende der DPolG, Franz Spero, aufmerksam. Staatssekretär Michael Sieber MdL und der Heidelberger Landtagsabgeordnete Werner Pfisterer suchten mit den Vertretern von Polizei und Polizeigewerkschaft nach einer Lösung. Als Sachverständiger und zuständig für neue Räumlichkeiten war der Leitende Baudirektor und Leiter des Vermögens- und Hochbauamtes des Landes, Siegfried Kendel, nach Heidelberg gekommen.
Als sie am Montag vergangener Woche zum gemeinsamen mittäglichen Pressegespräch erschienen, hatten sie zuvor in einem intensiven Meinungsaustausch eine gemeinsame Position gefunden: Die Polizeidirektion Heidelberg braucht mehr Platz – und das möglichst schnell.
Bereits beim Bau der Polizeidirektion war das Platzangebot ein Zugeständnis an den Landeshaushalt und deshalb knapp bemessen worden. Grundlage war das Musterbauprogramm aus dem Jahr 1981, das genau regelt, wie groß jeder einzelne Raum sein darf. Seither haben sich jedoch die Aufgaben der Polizei und die interne Organisation sehr dynamisch verändert. So werden seit 1987 Frauen in den Polizeidienst aufgenommen. Für sie mussten Duschen, Toiletten und Umkleideräume geschaffen werden. Daneben traten EU-Richtlinien in Kraft, in denen Mindeststandards für Arbeitsplätze festgelegt wurden. Beides war im Musterbauprogramm von 1981 nicht vorgesehen. Die erst später eingerichteten Dezernate für Organisierte Kriminalität und für Wirtschaftskriminalität beanspruchten Platz, der ebenfalls nicht eingeplant war. Selbst die moderne Computertechnik im Kampf gegen die Kriminalität fordert neben dem finanziellen Einsatz auch räumlich ihren Tribut: Während die 50 Kilometer Kabel für die EDV beinahe unsichtbar unter den Decken und in den Wänden verschwinden, geht nun in jedem Stockwerk ein Raum für einen Stockwerksverteiler verloren. Ein zugangsgesicherter und klimatisierter Serverraum reduziert das Platzangebot zusätzlich.
Bei einem Rundgang durch das Haus konnten sich die Abgeordneten ein Bild davon machen, welche Enge das Musterbauprogramm den Beamten verordnet: Ermittler im Bereich Wirtschaftskriminalität finden nicht den nötigen Platz vor, um das meist sehr umfangreiche Beweismaterial entsprechend auszubreiten. Vernehmungen ähnelten mitunter eher dem Party-Hit »Reise nach Jerusalem«: Auf 10,7 Quadratmetern Fläche, die einem Beamten zur Verfügung steht, müssen im ungünstigsten Fall ein Verdächtiger, ein Dolmetscher, ein Rechtsanwalt, der Beamte selbst, der Staatsanwalt oder Richter und eine Schreibkraft Platz finden. Die Heidelberger Richter haben der Römerstraße deshalb bereits seit längerer Zeit den Rücken gekehrt: Vernehmungen von Verdächtigen finden nach einem Protest des Richterrates nicht mehr in der Polizeidirektion, sondern im Amtsgericht Heidelberg statt.
Der Leiter der Polizeidirektion Heidelberg, Leitender Polizeidirektor Bernd Schmalz, legte deshalb kürzlich dem Vermögens- und Hochbauamt des Landes einen neuen Bedarfsplan vor. Darin beziffert er den Raummehrbedarf auf 1000 Quadratmeter. Die Chancen für eine schnelle Lösung zumindest für den vordringlichen Bedarf stehen nach dem intensiven Gespräch vom Montag nicht schlecht: Im Lösungsansatz herrscht nämlich Einigkeit.
Sowohl Bernd Schmalz, Dieter Berberich als auch Franz Spero schlagen vor, in einem ersten Schritt die Kriminalinspektion »Wirtschaftskriminalität« in das leer stehende Gebäude in der Hans-Böckler-Straße auszulagern. Das sei nicht nur schneller, sondern auch günstiger umzusetzen als eine nachträgliche Aufstockung in der Römerstraße, die bei der Planung des Gebäudes mit eingeplant wurde.
Die beiden Abgeordneten unterstützen das Vorhaben und sicherten Schmalz zu, das Thema schnellstmöglich mit dem Finanzminister zu besprechen. Auch für Baudirektor Kendel hat die Lösung Charme: Er würde eine leerstehende Immobilie des Landes nutzen, die wegen ihres Zustandes und der fehlenden Kfz-Stellplätze nur schwer zu vermieten oder zu verkaufen ist: »Das ist ein Puzzle-Spiel, das wir nun gemeinsam noch präzisieren müssen.«
Für Pfisterer und Sieber ist darüber hinaus auch klar geworden, dass sie sich für die Abschaffung des Musterbauprogrammes einsetzen werden. »Wir leben in einer Zeit des schnellen Wandels und immer neuer Anforderungen. Das fordert Flexibilität, gerade auch bei einer Immobilie. Ein sturer Normbaukasten hilft da nicht weiter«, so Pfisterer. Staatssekretär Sieber würdigte die Polizeibeamten, die deutlich gemacht hätten, dass eine stürmische Entwicklung diese zahlreichen Probleme aufgeworfen habe. Dabei handle es sich nicht um Sonderwünsche, sondern um Probleme, die schnellstmöglich und sinnvoll gelöst werden müssten. »Ich werde deshalb sofort Gespräche mit Finanzminister Stratthaus und Innenminister Schäuble aufnehmen.«
Doch auch wenn alles reibungslos verläuft: Vor 2003 wird die Auslagerung in die Hans-Böckler-Straße nicht stattfinden. Für Dieter Berberich ist jedoch klar: Von einer Entscheidung für das Objekt Hans-Böckler-Straße ginge ein positives Signal an die Polizeibeamten aus.