Heidelberg – Das baden-württembergische Innenministerium beantwortete in diesen Tagen die Anfrage des Heidelberger Landtagsabgeordneten und Stadtrates Werner Pfisterer zu den Vorgängen um das ehemalige Autonome Zentrum (AZ) in Heidelberg.
Pfisterer hatte im Februar gefragt, welche Straftaten im Umfeld des Autonomen Zentrums seit Beginn 1998 registriert wurden und welche Kosten mit den zahlreichen – vom AZ verursachten – Polizeieinsätzen verbunden waren. Ganz oben auf der „Hitliste“ der teuersten Polizeieinsätze liegt die Demonstration des AZ anläßlich der Kündigung und der Forderung nach einem adäquaten Ersatzobjekt vom 6. Februar 1999 in Heidelberg. Etwa 1,15 Millionen Mark kostete der Einsatz der 1.150 Polizeibeamten. Diese stellten sicher, daß von den 1.200 Demonstranten und dem „schwarzen Block“ von ca. 150 Personen bei ihrem Zug durch die Heidelberger Hauptstraße keine Straftaten ausgingen.
Auf Platz zwei rangiert der Polizeieinsatz während der Maifeier des AZ im Jahr 1998, dessen Kosten mit 174.930 Mark beziffert werden. Die polizeiliche Absicherung der Räumung des AZ zwischen dem 29. Januar und dem 1. Februar schlug mit etwa 135.000 Mark zu Buche. Zu den reinen Polizeikosten kamen bei der Räumung des AZ noch Sachschäden. Unbekannte hatten in dieser Zeit den Reifen einer hinter dem AZ stehende Baumaschine zerstochen und damit einen Sachschaden von 6.000 Mark verursacht. Ebenfalls unerkannt blieb der Werfer einer Flasche. Er hatte, als ein Baggerführer mit dem Abriß des AZ begann, eine Flasche gegen das Führerhaus des Baggers geworfen. Anzeige gegen Unbekannt wurde in beiden Fällen erstattet, die Täter konnten jedoch nicht ermittelt werden. Nur weil die Stadt und die Deutsche Bahn AG auf Strafanzeigen verzichteten, blieben die „Besetzungen“ des Gebäudes Plöck 23 am 20. Oktober 1998, des Alten Hallenbades am 15. November 1998 und des DB-Betriebswerkes am Ochsenkopf am 24. Januar 1999 straffrei. Dem Land entstanden durch die drei damit verbundenen Polizeieinsätze Kosten in Höhe von über 32.000 Mark.
Insgesamt, so Pfisterer, haben alleine die Polizeieinsätze im Zusammenhang mit den autonomen Jugendlichen vom Januar 1998 bis zum 7. Februar 1999 das Land Baden-Württemberg fast 1,5 Millionen Mark gekostet. Bei diesen Einsätzen waren 2.372 Beamte 20.202 Stunden im Einsatz. Diese Kosten sind nach Angaben Pfisterers nur deshalb entstanden, weil die Heidelberger Oberbürgermeisterin keine ausreichend klare Haltung gegen den vom AZ ausgehenden fortgesetzten Rechtsbruch einnehmen wollte. Statt dessen sieht sie sich noch immer den gewaltbereiten Jugendlichen „verpflichtet“ und sorgt mit der Diskussion um eine neue Bleibe für das AZ dafür, daß das jetzt gelöste Problem wieder entstehen soll. Oberbürgermeisterin Beate Weber hätte klare Grenzen setzen müssen, hätte deutlich machen müssen, daß sich Rechtsbruch und Gewalt nicht auszahlen. Die Politik der Duldung durch die Oberbürgermeisterin hat die Straftäter nur ermutigt, nicht entmutigt.
Die Menschen in Heidelberg haben mit Erleichterung zur Kenntnis genommen, daß es kein AZ mehr gibt. Die Oberbürgermeisterin sollte froh sein, daß die Stadt Heidelberg dieses Problem weniger hat“, so Pfisterer. Der Gemeinderat soll am Donnerstag über eine Vorlage entscheiden, die konkrete Planungen beinhaltet, wie den gewaltbereiten Jugendlichen des ehemaligen AZ eine neue Bleibe zu verschaffen ist, in der sie sich wieder verschanzen können. Auf diese Weise würden erneut umfangreiche Steuergelder dazu benutzt, um einen rechtsfreien Raum in Heidelberg zu schaffen.
Irritiert zeigt sich Pfisterer über das Verhältnis der Oberbürgermeisterin zur Heidelberger Polizei: Wer denkt eigentlich an die Heidelberger Polizei, die sich dann zukünftig wieder mit den handfesten Problemen dieser autonomen Trutzburg auseinander setzen muß? Als Leiterin der Ortspolizeibehörde in Heidelberg ist sie den Beamten verpflichtet und nicht den Autonomen. Aber auch die Heidelberger Bürger müssen sich nach Ansicht Pfisterers verschaukelt vorkommen, wenn einerseits kommunale Programme zur Kriminalitätsprävention in Baden-Württemberg aufgelegt werden und auf der anderen Seite mit städtischen Geldern ein neues Domizil finanziert werden soll, von dem möglicherweise Rechtsbruch und Gewalt ausgehen können.
Der Heidelberger Landtagsabgeordnete erteilte deshalb allen Diskussionen um eine neue Bleibe für das AZ bereits im Vorfeld der Gemeinderatsentscheidung am Donnerstag eine klare Absage: Das dafür nötige Geld sollte besser in eine konstruktive Jugendarbeit fließen und nicht in neue rechtsfreie Spielräume für gesellschaftliche Außenseiter.